So, es kribbelt mir also in den Fingern, ich will endlich wieder mit dem Bloggen loslegen, habe mit einem Whiteboard-Stift sogar schon eine erste Liste an Artikelideen auf den Kühlschrank geschrieben. Go, Tschakka, die totale Motivation! Aber dann… kommen Zweifel. Was werden die Leute denken?

Und dann ist der Artikel, der mir im Kopf herumgeistert, nie geschrieben und nie veröffentlicht.

Und ich werde nie herausfinden, was die Leute darüber denken.

Woher kommt die Content-Ängst? Über Zweifel und innere Barrieren beim Bloggen.

Im August 2005 habe ich mit dem Bloggen angefangen, ein Jahr später habe ich mein Studium beendet und in einer Agentur als Werbetexterin angefangen. Das war die Hochzeit (lange o) meines Bloggens.

Mein Claim in den Nullerjahren: Sympatexter rules the word.

 

Ein Vorläufer meiner Rubrik „Wort des Tages“.

Irgendwann im Jahr 2009 oder 2010 habe ich allerdings wieder aufgehört. Heute, nach fast 10 Jahren Selbständigkeit und x Projekten , will ich wieder mit dem Bloggen anfangen und ich merke: mein Mindset hat sich verändert. Die innere Zensurschere schnappt in meinem Kopf regelmäßig zu: Ach komm, darüber willst du schreiben? Ist das Thema wirklich so geil? Passt das zu deiner Positionierung? Was werden deine (potentiellen) Kunden/Kollegen/Studenten darüber denken?

Hmm ja, gute Fragen. Oder… vielleicht doch nicht? Drei Gedanken beschäftigen mich die letzten Tage rund um das Thema Zweifel und Content-Ängst:

  1. Zweifel sind normal. Und normal ist auch die 72-Stunden-Regel: Wenn wir eine Idee nicht innerhalb von drei Tagen realisieren oder zumindest angehen, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass wir sie jemals realisieren, auf fast 0 %. Zweifel lieben Zeit. Zeit führt zu Grübeleien, zum Overthinking und zum Zaudern. Je länger ich über ein Thema nachdenke, umso eher verwerfe ich das Thema. Früher habe ich einfach drauflos gebloggt. Heute aber ist mein Leben viel stärker durch äußere Faktoren eingregrenzt als früher: Job, Kinder, feste Rituale und Uhrzeiten wie z.B. Abendessen, viele Termine. Da geht viel Spontaneität verloren und eine Idee braucht länger für die Umsetzung. In unter drei Tagen kann ich fast nie eine Idee realisieren. Also: mehr Zeit für Zweifel. Und ich stelle fest: Zeit tötet Ideen und Content. 1 zu 0 für den Zweifel.
  2. Ich frage mich, warum es mich plötzlich so beschäftigt, was andere über meine Texten denken könnten. Heißt es nicht, dass einem mit zunehmendem Alter die Meinung der Anderen immer egaler wird? Ich vermute, es hat etwas mit dem erarbeiteten Standing zu tun. Als Studentin mit null Kunden, Projekten und Awards hat man nichts zu verlieren. Wenn man aber plötzlich auf der anderen Seite steht, als Dozentin, und 30 Studenten unterrichtet, ja dann wird’s spannend: Wie viel von mir darf ich preisgeben? Ist über die eigene Content-Ängst zu schreiben, schon ein No-Go? Wo verläuft die Grenze zwischen coolem und uncoolem Content? Ich werde diese Demarkationslinie in den nächsten Monaten ganz genau erkunden.
  3. Last but not least gibt es da noch das Zweifelwachstum. Kennt ihr das, dass wenn ihr schon einige Tage nichts mehr auf Instagram gepostet habt, ihr euch zunehmend fragt, was und ob ihr posten sollt? Und je länger man dann wartet, umso schwieriger wird es, wieder anzufangen. Eigentlich will man ja, aber irgendwie wächst da eine innere Barriere, die Tag für Tag größer wird. Und wenn es jetzt nicht nur um ein Foto und ein bisschen Text auf Instagram, sondern um einen Blogartikel mit über 1.000 Wörtern geht, wächst diese Barriere noch viel schneller. Doof für mich, aber zugleich auch unglaublich faszinierend, dieses psychologische Phänomen. Woher kommt das?

Was kann man gegen diese Zweifel und Content-Ängst tun?

Mindset zurechtrücken: den meisten Menschen ist gar nicht aufgefallen, dass man weg war und wochen-, monate- oder jahrelang keinen Content produziert hat. Deshalb ist es auch vergeudete Lebenszeit, sich darüber Gedanken zu machen, was sie denken könnten, wenn man wieder anfängt, zu schreiben und sichtbar zu sein. Die Sachen, die uns selbst schlaflose Nächte bereiten, sind den anderen Menschen oft vollkommen egal.

Kein Content ist perfekt. Der weit verbreitete Wunsch, nur perfekten Content zu veröffentlichen, führt dazu, dass man letztlich null Content veröffentlicht. Und null Content besteht zu 100 % aus verpassten Chancen. Fakt ist: es gibt keinen perfekten Content. Jeder Content ist theoretisch Work in Progress. Die Frage ist, in welchem Stadium wir auf den Veröffentlichen-Button drücken. Und erst danach können überhaupt spannende Dinge passieren: Man hat sich in die Öffentlichkeit gewagt, andere werden darauf aufmerksam, es entstehen womöglich interessante Gespräche. Oder niemand kommentiert – am Anfang ist das ganz normal und das heißt nicht, dass der Content schlecht ist. Wenn man Content veröffentlich hat, fängt das innere Wachstum an: man weiß, dass es nicht perfekt war, aber dass man es beim nächsten Mal besser machen wird. Und hey, im Internet kann man jederzeit nachkorrigieren. Wo man wohl nach 100 solcher Veröffentlichungen stehen wird?

Was mir auch immer bei einer Aktionsbarriere hilft (ganz gleich ob Sport, ein schwieriges Textprojekt oder eine anstrengende private Aufgabe wie z.B. ein Website-Relaunch): ich suche mir einen Mitstreiter. Dieser ist in mein Projekt eingeweiht und hat die Aufgabe, meine Fortschritte zu checken und mir ggf. Dampf zu machen. Funktioniert bei mir super. Andere bevorzugen vielleicht die etwas sanftere Variante: erzähle deinen Freunden, Kollegen, Bekannten oder deiner Familie von deinen Zielen – das alleine reicht oft schon aus, um die Aktionsbarriere zu überwinden.

Gib dem Zweifel keine Zeit und setz dir harte Deadlines! Mit dieser Strategie habe ich letzte Woche meinen Relaunch durchgezogen: Ich habe am Montag mit dem Redesign angefangen und mir vorgenommen, dass meine neue Seite am darauffolgenden Freitag online geht, ganz egal wie weit (oder fern) sie sein sollte. Und am Montag schien der Relaunch wirklich noch ziemlich fern, denn, boah, bin ich zwischenzeitlich an diesem WordPress-Theme verzeifelt! Mit dem Golive ist die Sache mit den Deadlines für mich aber noch nicht gegessen. Denn ich habe mir vorgenommen, jede Woche einen Artikel zu veröffentlichen. Spätestens jeden Freitag um 12:00 Uhr drücke ich auf den Veröffentlichen-Button, komme was wolle. Um meine Motivation etwas zu steigern, habe ich mich wieder bei den Ironblogger Stuttgart angemeldet: alle Teilnehmer verpflichten sich, jede Woche mindestens einen Artikel zu veröffentlichen. Wer es nicht schafft, muss 5 € in die Ironblogger-Kasse überweisen. Das angesammelte Geld wird nach einigen Wochen gemeinsam in einem Restaurant verfeiert. Jammi! Wichtig ist allerdings, dass diese selbstgesetzten Deadlines zwar hart, aber nicht unrealistisch sind. Denn wenn ich mehrmals nacheinander an meinen eigenen Deadlines scheitere, verpufft die Motivation dann doch rapide.

Lange Rede, kurzer Sinn: das vielleicht beste Mittel gegen Content-Ängst ist Machen. Das macht kreativ, produktiv und glücklich. Also: Kampf dem Zweifel und drück endlich auf den Veröffentlichen-Button (-: