„Judith, was hältst du von computergenerierten Blogartikeln?“ – das war eine Frage, die mir jemand im 2. Newcomer-Blogtalk von The Content Society gestellt hat. Und es ist auch eine Frage, die TCS-Bloggerin und PR-Expertin Nicole Isermann in ihrer Blogparade stellt: Mensch oder Maschine – bleiben Texte mit KI eine Kuriosität? Oder ist KI der neue Zukunftstrend beim Schreiben? Dabei steht KI für Künstliche Intelligenz.

Meine Antwort: Ja, KI-Texte machen total Sinn! Und: Nein, sie machen überhaupt keinen Sinn! Also, was jetzt? Die Antwort hängt davon ab, welche Art von Text wir brauchen. Und: Warum wir bloggen.

Wann machen KI-generierte Texte Sinn?

KI-Texte gehen schnell und sind sehr günstig. Aus meiner Freelancer-Zeit als Texterin kenne ich KI-Texte v. a. aus dem Bereich eCommerce: Mit KI gingen die Texte für Onlineshops rasend schnell. Man brauchte nur eine Excel-Datei mit ein paar Eckdaten hochladen, wie z. B. Größe, Gewicht, Farbe und Material der Produkte, und Tadaaa: Heraus kamen echt gute Produktbeschreibungen. Ansonsten kenne ich KI-Texte z. B. aus dem Bereich Börsennews, Wetter und Fußballergebnisse: Alle Bereich, in denen wir viele Daten haben, die nur in einfache Sätze gegossen werden müssen, sind perfekt geeignet, um sie mit KI texten zu lassen. Gerade Wetterberichte sind wirklich ideal für KI, denn: Welcher Journalist oder Texter hat schon Lust, solche repetitiven und unkreativen Texte zu schreiben? Aber: Geschrieben werden müssen sie ja trotzdem, ob wir wollen, oder nicht! Daher: Ein Hoch auf die KI, die uns diese Texte abnimmt – dann können wir uns auf kreative, investigative, lustige, polemische oder ironische Texte fokussieren, alles Text-Disziplinen, die die KIs dieser Welt (noch) nicht so gut beherrschen.

Für uns Blogger:innen machen KI-Texte meiner Meinung nach in 2 Szenarien Sinn:

  1. Bei einer aktuen Schreibblockade: Wenn wir absolut nicht ins Schreiben kommen, kann es hilfreich sein, eine KI-generierte Grundlage zu haben. Denn wenn wir schon einen Text vorliegen haben, egal, wie gut er ist, fällt uns das Weiterschreiben meistens viel leichter, als wenn wir mit einem weißen, leeren Blatt konfrontiert sind und wenn uns der Cursor vorwurfsvoll anblinkt. Die KI-Texte können hier als gute Stichwortgeber fungieren.
  2. Wenn es bei unseren Blogartikeln nur darum geht, zu einem Keyword schnell und easy Content zu produzieren, ohne den Anspruch, etwas Eigenes zu kreieren. Das ist ein klares Kennzeichen der strategischen Bloggerin: Sie schreibt/bloggt nicht so gerne, weiß aber, dass sie einen Blog braucht, um gefunden zu werden. Ich weiß, dass viele strategischen Blogger:innen auf Texte von VAs (Virtuellen Assistenten) oder Textbrokern zurückgreifen. Denn für diese Bloggerinnen gilt: Hauptsache, erst mal etwas suchmaschinenrelevantes auf dem Blog stehen haben. Diese Texte werden oft schnell maschinell erstellt und ein Mensch optimiert noch kurz drüber. Dementsprechend lesen sie sich manchmal etwas holprig und wirken, wie ein Keyword-Schaulaufen. Solche Text-Dienstleistungen sind auf Expertenartikel beschränkt, denn hier geht es um Fakten – damit kann die KI ganz gut umgehen.
    Du als Bloggerin musst den Text dann allerdings auf jeden Fall noch überarbeiten, damit er gut lesbar wird. WICHTIG: Google mag keine KI-generierten Inhalte! Neil Patel hat die neuesten Google Search Essentials zusammengefasst und unter Punkt 1 hat er geschrieben: …Google isn’t saying that you can’t use AI-created content. They have an issue with the quality of AI content. Und so, sagt Neil Patel, haben wir nur 3 gute Optionen:
    1. Write content yourself
    2. Pay someone to create your content
    3. Use an AI tool to create content, and then use a human to HEAVILY modify it.

Grundsätzlich finde ich beide Szenarion in Ordnung und denke mir: Lieber KI-Texte, als gar keine Texte! Aber hier gilt natürlich ganz klar: Bei diesen Texten fehlt oft das gewisse Etwas. Nämlich unsere Persönlichkeit. Und hier kommen wir zur anderen Antwort: Warum KI-Texte absolut KEINEN Sinn für uns Bloggerinnen machen.

Wann machen KI-Texte KEINEN Sinn für uns Blogger:innen?

Warum bloggen wir? Bloggen wir, damit wir ein Akquise-Werkzeug haben? Bloggen wir, damit wir möglichst effizient, schnell und günstig ein Textergebnis haben, das bei Google ranken kann? Haken wir das Bloggen ab und sind froh, dass der Blogartikel der Woche erledig ist? Oder ist das Bloggen für uns ein Hobby? Vielleicht sogar ein Werkzeug für unseres persönliches Wachstum? Dann ist es zwingend notwendig, dass wir selbst die Texte schreiben. Denn dann sind wir mit hoher Wahrscheinlichkeit eine dynamische Bloggerin. Diese Art von Bloggerin ist aus einem ganz besonderen Digital-Holz geschnitzt :-)

Die dynamische Bloggerin bloggt gerne. Sie bloggt aus Leidenschaft und weil sie es liebt, ihre Gedanken in Worte zu fassen. Sie bloggt, um ihre Ideen zu schärfen. Sie bloggt für ihr Standing, für ihre Klarheit und für ihre Expertenmarke. Sie bloggt, weil sie etwas mit der Welt teilen will und weil sie etwas zu sagen hat. Sie hat eine Meinung und würzt alles, was sie schreibt, mit ihrer Persönlichkeit. Das kann (noch) keine Künstliche Intelligenz – und das ist gut so! Daher: Sobald wir bloggen, um uns als Mensch mit Haltung, Meinung und Persönlichkeit zu positionieren, kann uns die KI nicht das Wasser reichen.

Aber selbst wenn eine KI eines Tages großartige, persönliche Texte in genau unserer Tonalität schreiben kann: Wir dynamischen Bloggerinnen würden es trotzdem nicht wollen. Denn damit würden wir eine Abkürzung nehmen, die keine ist. Wir würden uns selbst um den kreativen Prozess und um die Aha-Momente, die in diesem Prozess aufkommen, betrügen. Wir hätten zwar einen tollen Text, aber nicht das innerliche Wachstum, das mit dem Schreiben dieses Textes einhergeht. Die dynamische Bloggerin betrachtet das Schreiben nicht als Ergebnis, sondern als Prozess, an dem sie wächst und reift.

Wir können uns nur verbessern, indem wir üben. Würden wir uns auf KI-Texte verlassen, würde unser Stil einfrieren. Oder, noch schlimmer: Unser Stil würde sich aufgrund von Algorithmen verändern, ohne dass wir geistig dabei mitgehen würden. Wer wäre hier noch der Autor, der Denker, der Erschaffer der Worte? Wie viel von uns selbst wäre noch in diesen Texten? Wäre der 100. KI-Blogartikel besser als der erste? Denn das wäre ein Ergebnis, das wir erwarten dürften, wenn wir selbst schreiben. Wären wir wirklich stolz auf diese Texte und Blogartikel? Und in meinem ganz konkreten Fall: Könnte eine KI meine Worte des Tages erfinden? Und wären meine eigenen Worterfindungen damit obsolet? Wer entscheidet, welches Wortspiel lustig ist – und welches grenzwertig oder geschmacklos ist? Fun Fact: ich habe eine große Sammlung an geschmacklosen Wortspielen, die ich nie verbloggt habe.

Die Frage nach dem Sinn von KI-Texten ist sehr aktuell. Meine Prognose für das Jahr 2030:

Künstliche Intelligenz entwickelt sich schnell weiter. Meine Prognose für das Jahr 2030: Machine/Deep Learning gepaart mit Big Data (unser Like-Profil auf Facebook lässt grüßen) und Priming wird Textprogramme hervorbringen, die maßgeschneiderte Texte für unser Persönlichkeitsprofil produzieren: Damit wir kaufen, buchen oder uns empören. Damit wir die gewünschte Partei wählen und das Like an der richtigen Stelle setzen. Der Facebook-Skandal rund um Cambridge Analytica war da nur der Anfang. Was, wenn unser Feed irgendwann so fragmentiert ist, dass jede Werbeanzeige, jeder Tweet oder jedes Posting nur ein einziges Mal in dem jeweiligen Wortlaut maschinell produziert wurde – maßgeschneidert auf uns, um uns zu beeinflussen? Könnten wir das durchschauen?

Wollen wir uns wirklich von Chatbots in den automatisierten Love-Scam und von computergenerierten Social-Media-Postings von Trollfarmen in die Empörungsspirale treiben lassen? Eines Tages erkennen wir im Digitalen vielleicht den Unterschied zu einem echten Menschen gar nicht mehr. Schreibt uns dann ein Mensch oder womöglich eine Maschine? Ständiges Misstrauen in das Geschriebene ist dann angesagt. Aber selbst Videos werden wir nicht mehr vertrauen können: Deepfakes sind heute noch recht unbeholfen und können schnell entlarvt werden – aber wo wird diese Technologie in 5 oder 10 Jahren stehen? Dann reichen ein Foto einer Person und ein paar Sekunden einer Sprachaufnahme und dann kann jeder mit seinem Handy alle Menschen dieser Welt in Pornos oder sonstige unangenehme Situationen deepfaken. Wenn wir gedeepfaked wurden: wie wollen wir das Gegenteil beweisen? Man kann ja, logisch betrachtet, schlecht beweisen, dass man etwas NICHT getan hat! Was wirklich authentisch ist, wird ganz anders bewertet, als heute: Kleine Symbole oder digitale Abzeichen werden von Menschen erstellte Inhalte kennzeichnen. Menschliche Authentizität wird eine neue Währung im Zeitalter der KI. Der Wechselkurs? Ungewiss. Und je kreativer und wortgewandter die KI wird, umso mehr wird der Mensch in ein digitales Rückzugsgefecht gedrängt.

Dystopien kreieren? Kann ich :-D Als Science-Fiction-Fan mit einer überbordenden Kreativität bin ich dahingehend bestens qualifiziert. Aber hey, wie wäre es mit einem positiven Szenario? Künstliche Intelligenz, die irgendwann so gut ist, dass sie Kolumnen schreibt und im Redaktionstam einen eigenen Autorennamen bekommt. Wir müssen uns die Frage stellen: Sind Texte einfach per Definition besser, weil sie von einem Menschen geschrieben wurden? Bei einer anderen Frage haben wir die Antwort schon längst gefunden: Sind Pferdestärken nur deshalb besser, weil sie von einem Pferd, statt von einem Motor kommen? NEIN! Und obwohl wir heute Autos haben, gehen trotzdem fast alle Menschen gerne spazieren. Es ist kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-auch.

Schon heute reichen Studenten KI-generierte bzw. -optimierte Hausaufgaben ein und bekommen dafür Bestnoten: “For biology, we would learn about biotech and write five good and bad things about biotech. I would send a prompt to the AI like, ‘what are five good and bad things about biotech?’ and it would generate an answer that would get me an A.” Wie wollen wir mit diesem Szenario umgehen? Die Studenten dafür bestrafen, dass sie so smart sind, um ein neues Tool nutzen? Hausaufgaben und Formate wie Aufsätze müssten neu gedacht werden, um im Zeitalter von KI immer noch Sinn zu machen. Und ich glaube, das schaffen wir! Mit KI bieten sich uns so viele kreative Möglichkeiten – wenn wir die KI nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung und Option betrachten, auf der wir aufbauen können.

So wie wir heute nicht mehr ein Pferd aus dem Stall holen müssen, wenn wir in die nächste Stadt reisen wollen und nachts nicht mit einer brennenden Kerze durch das Haus laufen müssen, um etwas zu sehen, brauchen wir eines Tages vielleicht auch nicht mehr „sinnlose“ Texte zu schreiben. Schreiben als Hobby, statt als Mühsal: so, wie es Pferde heute dank Strukturwandel sind: für die allermeisten Menschen nur noch ein Hobby – und zwar ein wunderbares! Wie viele Menschen wären erleichtert, wenn eine KI ihnen beim Schreiben helfen würde? (Ich höre das erleichterte Aufatmen von Millionen Menschen). Ich glaube, dass wir den technischen Fortschritt gestalten können (manche wollen ihn ja aufhalten, aber das halte ich für ein Vorhaben, das gescheitert ist, bevor es begonnen hat). Im Zeitalter von KI haben wir immer noch etwas, das uns auszeichnet: Unsere Menschlichkeit und Kreativität. Diese zwei Dinge, die unsere Spezies seit hunderttausenden von Jahren auszeichnen, sind auch in der digitalen Zukunft unsere wertvollsten Eigenschaften.

Gut zu wissen: laut Job-Futuromat kann meine Tätigkeit derzeit zu NULL Prozent automatisiert werden (ok, der Futuromat kennt den Job „Blogger“ nicht. Ich musste daher auf meine frühere Jobbezeichnung zurückgreifen: Werbetexterin). Mein digitales Rückzugsgefecht liegt also noch in weiter Zukunft :-D Puh, Glück gehabt!

Der Job-Futuromat kennt leider nicht den Job „Blogger“ 😄 Aber hey: Der Job eines Werbetexters kann, Stand heute, zu genau 0 % automatisiert werden! Yay!